Während der Wiener Opernball als bekanntestes Aushängeschild der traditionsreichen Wiener Ballgeschichte der Mehrheit ein Begriff sein dürfte, ist dessen Entstehung sowie die Vielzahl anderer Bälle außerhalb Österreichs vermutlich weit weniger geläufig.
Beim Wiener Opernball verwandelt sich die Wiener Staatsoper zum berühmtesten Ballsaal der Welt. Der Ball der Bälle schafft Begegnungen zwischen Künstler*innen, Politiker*innen, Wirtschaftstreibenden und Ballfans. Doch wie ist der Wiener Opernball zu dem geworden, was er heute ist?
Diverse Ballfeste, bei denen die an der Bühne des k. k. Hofoperntheaters wirkenden Künstler*innen als Veranstalter auftraten, fanden erstmals bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts in zahlreichen Wiener Etablissements statt. Da sich die Künstler*innen aber einen intimeren Rahmen wünschten, wurden die Bälle schließlich in den Redoutensälen der Hofburg abgehalten. Einige Zeit verging, bevor nach dem blutigen Ausgang des Revolutionsjahres 1848 die Lebensfreude wieder jene Intensität erreichte, die Ballfeste im "Wiener Stil" neuerlich möglich machte. Obwohl bereits die Ausschreibung für den Bau der Hofoper am 10. Juli 1860 festlegte, dass das Opernhaus "auch zur Abhaltung von Opernbällen bestimmt" sei, dauerte es noch einige Jahre bis von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde. 1862 erhielt das Theater an der Wien die "allerhöchste Erlaubnis", Ballfeste veranstalten zu dürfen. Vorbild waren die Pariser Opernbälle.
Als 1869 das Personal des k. k. Hofoperntheaters ins neue Haus am Ring einzog, verweigerte jedoch Kaiser Franz Joseph I. die Erlaubnis, dort Tanzfeste zu veranstalten. So fand der erste "Ball in der Hofoper" nicht im Haus am Ring, sondern im Gebäude der "Gesellschaft der Musikfreunde" statt. Erst am 11. Dezember 1877 veranstaltete Direktor Franz Jauner in Anlehnung an den Pariser Opernball öffentliche Tanzveranstaltungen unter der Bezeichnung "Opernsoirée" (Preis 18 Gulden für Herren, 10 Gulden für Damen), die der Kaiser duldete. Der Name rührt unter anderem daher, dass nach dem Willen des Kaisers nicht hätte getanzt werden sollen, da er tumultartige Zustände wie bei den Pariser Opernbällen befürchtete. Obwohl bei diesem Fest in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember offiziell nicht getanzt werden durfte, berichtete das Wiener Fremdenblatt am folgenden Tag: "... nach Mitternacht gab es den ersten regelrechten Tanz im Festsaal unseres Opernhauses. "
Nach dem Ende der Donaumonarchie wurde er als Opernredoute in den 1920ern abgehalten. Der erste als solcher betitelte "Opernball" wurde nach der Weltwirtschaftskrise 1935 und nach einer weiteren Unterbrechung durch den 2. Weltkrieg nach dessen Ende in der Wiener Staatsoper veranstaltet. Im Jahr 1955 wurde dann die festliche Wiedereröffnung des Opernhauses gefeiert. Am 9. Februar 1956 konnte sich das Haus wieder in den strahlenden Opernballsaal verwandeln.
Die österreichische Ballsaison startet am 11. November und dauert bis zum Faschingsdienstag an. In diesem Zeitraum, vor allem nach dem Dreikönigstag am 6. Januar, finden die meisten Bälle statt. Der typische Ablauf der Wiener Bälle mit Eröffnung, Mitternachtseinlage, Damenspenden und Kleidervorschriften hat dabei eine lange Tradition, die bis in die Kaiserzeit zurückreicht. Diese Tradition zeigt sich noch heute, so auch beim Wiener Opernball. Für eine glanzvolle Eröffnung des Opernballs sorgt das aus rund 150 Paaren bestehende Jungdamen- und Jungherrenkommittee im weißen Ballkleid beziehungsweise Frack. Rund 150 Musiker*innen sind in acht verschiedenen Ballbereichen für eine ausnahmslos ausgelassene Stimmung zuständig.
Mittlerweile ist der Kalender der Wiener Ballsaison insgesamt mit mehr als 450 Bällen gefüllt, wobei der Wiener Opernball zweifellos der Bekannteste unter ihnen ist. Via TV-Übertragung erreicht dieser ein Millionenpublikum im In- und Ausland. Wer also nicht vor Ort mit den 5.150 Ballgästen ausgelassen mitfeiert, kann im Fernsehen das Eröffnungszeremoniell, Musik, Tanz und Interviews genießen.
Viele der Wiener Bälle werden von Berufsständen ausgerichtet. So dient beispielsweise der Wiener Opernball zugleich als Ball der Künstler*innen der Wiener Staatsoper. Der Kaffeesieder Ball verwandelt die Wiener Hofburg in das festlichste Tanzcafé der Stadt und die Zuckerbäcker*innen warten bei ihrem Ball mit einem Ballett an Mehlspeisen auf. Für Viele gilt der Ball der Wiener Philharmoniker*innen als inoffizieller Höhepunkt der Ballsaison: Er findet in den Sälen des Wiener Musikvereins statt, von wo aus auch das Neujahrskonzert jährlich in die Welt übertragen wird. Im Laufe der Geschichte ist die Bandbreite der Bälle sehr vielfältig geworden. Das spiegelt sich auch im Ranking der beliebtesten wider: Laut einer Umfrage rangiert der traditionsreiche Opernball an erster Stelle, aber auch der Philharmonikerball, der Blumenball, der Kaffeesiederball und der Juristenball zählen zu den beliebtesten Bällen in Wien.
Ausverkauft bis auf die letzte Restkarte geht am 8. Februar 2024 der 66. Wiener Opernball über die Bühne. Für die Eröffnung konnte die Staatsoper unter anderem die Superstars Elina Garanca und Piotr Beczala gewinnen.
Dabei setzt der Ball auch in diesem Jahr neuerlich eine soziale Note: Der reguläre Ticketpreis, der 385 Euro beträgt, beinhaltet einen Aufschlag von 35 Euro pro Ticket, der als Spende zu verstehen ist. Das Geld kommt "Österreich hilft Österreich" zugute, eine von ORF und den führenden Hilfsinstitutionen Caritas, Diakonie, Hilfswerk Österreich, Österreichisches Rotes Kreuz und Volkshilfe getragene Initiative, die in Not geratenen Menschen hilft. Vergangenes Jahr konnten auf diesem Weg 600.000 Euro gespendet werden.