Ein inklusives und nachhaltiges Kulturangebot spricht nicht nur für Lebensqualität, sondern auch für soziale Verantwortung. Doch wie kann eine klimagerechte Kulturpolitik gestaltet werden und wie können verschiedene Kulturschaffende gemeinsam an einer städtischen Kulturstrategie arbeiten? Wien und Berlin sind in puncto Kunst und Kultur als zwei dynamische Metropolen nicht nur durch ihre Ziele, sondern zweifellos auch durch ähnliche Herausforderungen miteinander verbunden. Vor diesem Hintergrund hat Veronica Kaup-Hasler, Amtsführende Stadträtin für Kultur und Wissenschaft Wiens am 13. April 2024 Berliner Expert*innen Einblicke in die Kulturszene Wiens gegeben und ausgeführt, welche innovativen Ansätze die Stadt in diesem Bereich verfolgt.
Schauplatz der Netzwerkveranstaltung war die Dachterrasse des Berliner Humboldt Forums. Recht passend, wenn man bedenkt, dass das Humboldt Forum seit März dieses Jahres mit insgesamt 60 Enzis ebenfalls ein Stück der jüngeren Wiener Möbelgeschichte beheimatet.
Wien ist eine Stadt, deren reiche und lange Tradition in Kunst, Kultur und Wissenschaft begeistert. Dass das reiche Kulturangebot der Stadt nicht nur vielfältig, sondern vor allem auch leistbar ist, wirkt sich auch positiv auf die empfundene Lebensqualität aus. So ist Wien zum wiederholten Male als Stadt mit der höchsten Lebensqualität ausgezeichnet worden. Veronica Kaup-Hasler zufolge, liege darin jedoch nicht die einzige Stärke von Kultur. So könne Kunst und Kultur sowie eine klimagerechte Kulturpolitik auch einen wesentlichen Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit leisten. Unter dem Motto "Soziale und ökologische Nachhaltigkeit im Wiener Kulturbetrieb" wurden einige prominente Beispiele angeführt:
Das neue Wien Museum, das am 6. Dezember 2023 wiedereröffnet wurde, erzählt auf 3.300 Quadratmetern die Geschichte der Stadt von der Frühzeit bis heute. Dabei ist der freie Eintritt ist nicht nur ein demokratischer Schritt, um das Haus für alle Menschen zugänglich zu machen, sondern auch ein pragmatischer. Er ermöglicht es dem Publikum, die Dauerausstellung mehrmals zu besuchen. Pünktlich zur Eröffnung des neuen Hauses ist das Wien Museum als Museum und als Location für Veranstaltungen mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet worden. So kann das neue Haus unter anderem mit Heizung und Kühlung dank Geothermie, sich automatisch verdunkelndem Sage-Glas im gesamten Gebäude, einer Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach sowie Lehmputz an den Außenwänden punkten. Ebenfalls positiv hervorzuheben: Bei der Fertigstellung des Projekts konnten sowohl Zeit- und Kostenplan eingehalten werden.
Auch stand im Zuge des Kulturbrunchs die Frage im Vordergrund, wie Kunst und Kultur uns für wesentliche Thematiken und Herausforderungen unserer Zeit sensibilisieren kann. Die erste Klima Biennale Wien hat sich genau dies zum Ziel gemacht. 100 Tage lang stehen die Potenziale von Kunst, Design, Architektur und Wissenschaft hinsichtlich einer nachhaltig-lebenswerten Zukunft und der gesellschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels im Fokus. Es sei wichtig, Menschen besonders in Zeiten der Verunsicherung mitzunehmen, so Veronica Kaup-Hasler. Falsche Bilder, die Angst und Hass fördern gilt es zu verlassen. Kunst würde es ihr zufolge nämlich möglich machen, einen Zustand des empathischen Nachahmens zu schaffen. Das vielseitige und niederschwellig gestaltete Vermittlungsprogramm sei darauf ausgelegt, genau dies zu ermöglichen. Die erste Klima Biennale Wiens sei weltweit zwar einzigartig, aber nichtsdestotrotz gerne zur Nachahmung empfohlen, wie Veronica Kaup-Hasler mit einem Augenzwinkern verlauten lässt.
Auch der Kultursommer Wien ist das Ergebnis der Wiener Kulturpolitik: Ziel war es hierbei, ein vielfältiges kulturelles Sommerprogramm in Wien einem möglichst breiten Publikum kostenfrei und dezentral zugänglich zu machen. In diesem Jahr bespielt der Kultursommer Wien wieder neun Pop-up-Bühnen in der ganzen Stadt mit verschiedensten Genres wie Kabarett, Literatur, Musik, Tanz & Performance, Theater und Zeitgenössischer Zirkus. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Künstler*innen durch Etablierung von Fair Pay-Maßnahmen wird positiv hervorgehoben.
Laut Veronica Kaup-Hasler basieren all diese innovativen Ansätze jedoch auf einer Annahme: Es braucht das Wissen der Vielen, um kulturpolitisch erfolgreich handeln zu können. Aus diesem Grund steht der Dialog mit den Menschen in der Stadt, der freien Szene und den verschiedenen Vertreter*innen der Kulturbranche stets im Mittelpunkt. So waren mehr als 100 Vertreter*innen der Wiener Kunst- und Kulturszene an der Erarbeitung der Wiener Kulturstrategie 2030 beteiligt. "Es sind die Perspektiven der Vielen, mit denen wir die Herausforderungen der Zukunft in den Blick genommen haben, die die Wiener Kulturstrategie 2030 so wertvoll machen", meinte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler im Zuge des Vortrags. Die Wiener Kulturstrategie konzentriert sich auf jene Themen, die sich in Interviews mit ausgewählten Expert*innen der verschiedenen Szenen, Verwaltung und Politik als am dringlichsten dargestellt hatten. Die Reihung der folgenden acht Handlungsfelder entspricht der Bedeutung, die die Wiener Bevölkerung ihnen laut der Umfrage zumisst:
Im Anschluss an den Vortrag Kaup-Haslers folgte ein reichhaltiger Diskurs mit den Anwesenden – Expert*innen aus den Bereichen (nachhaltiger) Kunst & Kultur, Medien sowie Verwaltung und Politik. Der Kulturbrunch wurde von allen Beteiligten als inspirierendes Dialogformat sehr positiv aufgenommen und betont, dass eine Fortsetzung gewünscht sei.
Wiener Kulturstrategie 2030 – Stadt Wien
Kultursommer Wien – Stadt Wien
Klima Biennale Wien – Kunst Haus Wien